Thomas Cook pleite. Der britische Reiseveranstalter Thomas Cook ist insolvent. Das schwer gebeutelte Unternehmen hatte bis zuletzt versucht, über 200 Millionen für eine Fortführung auf zu treiben. Damit ist die Nummer Zwei im europäischen Reisemarkt (Nach TUI) wohl Geschichte, wenn sich nicht ganz schnell noch ein paar Investoren finden. 150.000 Urlauber, oft Briten, sitzen fest. Auch den deutschen Markt erwischt es böse. Hier könnten auch noch zig Tausende stranden. Bis zu 600.000 Reisende insgesamt können betroffen sein.
Zuerst Dringende Empfehlung! Bei Condor nur noch Flüge kaufen, wenn die doppelt und dreifach über bspw. eine Versicherungsfunktion bspw. von Kreditkarten abgedeckt sind. Keine ungedeckten Vorauszahlungen und Überweisungen mehr! Nix bar bezahlen. Fragen Sie unbedingt nach, ob und wie die Reisen statt finden. Ich gehe davon aus, dass hier ein Schneeball ins Rollen gekommen ist, der auch den deutschen Markt voll erwischen kann. Condor ist an sich eine solide geführte, profitable Airline. Man hat aber hohe Kontingente an Thomas Cook verkauft – und die können halt nicht mehr zahlen. So kommt es auch zur Kuriosität, dass Condor aktuell keine Passagiere auf Hinflügen mitnehmen darf, die bei Cook gebucht haben. Schade, ich hoffe, dass sich Condor noch mal berappelt. Schuld an der Misere hatte Condor jedenfalls nicht.
Was betrifft die deutschen Reisenden? Die Tochterfirmen Neckermann, Bucher, Öger Tours und Thomas Cook Signature haben den Verkauf eingestellt. Notbremse. Könnte auch Air Marin erwischen. Rufen Sie bei allen jetzt startenden Reisen unbedingt die Callcenter der Anbieter an! Kann gut sein, dass die Reisen ausfallen. Alle Pauschalurlaube sind an sich über die Pflichtversicherung für Reiseanbieter in der EU abgesichert. Trotzdem dürfte es gerade ziemlich chaotisch zugehen, weil unklar ist, ob und wie Reisen noch statt finden. Ich gehe davon aus, dass jetzt reihenweise Buchungen platzen. Zurück kommen werden die Urlauber in jedem Fall. Auch bei den Hotelaufenthalten kann es unruhig werden. Man weiß nicht genau, auf wie vielen Miesen die Hotels sitzen.
Kann sein, dass die Versicherung nicht reicht. Die Deckungssumme für insolvente Reiseanbieter ist auf 110 Millionen beschränkt. Das kann im schlimmsten Fall eng werden angesichts der riesigen Zahl an Ausfällen.
Deutschland und Österreich: Keine! Entwarnung. Die deutschen Tochterfirmen Bucher, Neckermann, Air Marin, Öger Tours und Thomas Cook Signature wackeln ganz böse. Condor hat einen Antrag auf einen Staatskredit gestellt. Kennt man von Air Berlin. Es könnte sein, dass auch bei Thomas Cook noch Leichen im Keller liegen. Man weiß es nicht. Für die deutschen Töchter spricht, dass sie ganz gut ins Portfolio etwa der TUI passen. Selbst, wenn England pleite geht, könnten die deutschen Tochterfirmen im letzten Moment verkauft und gerettet werden.
Kann es noch eine Rettung geben? Unklar, meines Erachtens für Thomas Cook selbst eher nicht. Zurzeit kaufen sich ganz gerne China und die Golfstaaten dauerhafte Devisenbringer. Am liebsten in Euro und in Hightechbranchen. In wie weit die Investoren jetzt vor einem Brexit zurückschrecken, kann ich nicht beurteilen. Auf jeden Fall hat die Angst vor einem ungeordneten Brexit auch die britische Reisebranche recht übel erfasst. So lange keiner weiß, was tatsächlich passieren wird, so lange rückt auch keiner 200 Millionen raus. Das ist nur der kleinste Teil eines milliardenschweren Schuldenbergs.
In jedem Fall wäre eine Wiederaufnahme des Betriebs noch halbwegs möglich, wenn jetzt ganz schnell frisches Geld herein kommt. Halte ich für unwahrscheinlich. Je länger die Firma zahlungsunfähig ist, desto schwieriger wird die Wiederaufnahme des Flugverkehrs. Platt ausgedrückt: Kann man Kerosin, Landegebühren und die Wartung nicht sofort zahlen, sind alleine von staatlicher Seite verflixt hohe Hürden eingebaut. Und das ist gut so, damit niemand an der Sicherheit spart oder öffentliche Flughafenbetreiber in die Miesen reißt.
Rückholaktion startet. Ich gehe davon aus, dass jetzt eine größere Rückholaktion startet als zuletzt bei Monarch (auch englisch) und AirBerlin zusammen. Da werden andere Fluggesellschaften ihre Kapazitäten anbieten, um die Kunden von Thomas Cook und den Tochterfirmen zurück zu holen. Hierfür ist schon viel geplant. Und wie (leider) üblich, sieht es bei gekauften Flügen schlecht aus. Wer bei Thomas Cook nicht abgesichert, bspw. durch eine Kreditkarte, gezahlt hat, dürfte wohl sein Geld in den Wind schreiben. Wie bei Monarch, AirBerlin und diversen anderen.
Für Pauschalurlauber bei Neckermann Reisen, Öger Tours, Air Marin, Bucher Reisen und Thomas Cook Signature: ganz ruhig bleiben. Versicherungsschein rausholen. Notfalls dort direkt nachfragen, ob und welche Kosten übernommen werden. Recherchieren, ob und wann die Rückflüge von wem und wo statt finden. Man darf damit rechnen, dass sich andere Fluggesellschaften freundlich zeigen und die Notlage der Urlauber nicht ausnutzen.
Hintergründe. Thomas Cook hat jahrelang den Onlinemarkt schlichtweg verpennt. Statt dessen setzte man voll auf Reisebüros. Irgendwann war es zu spät, hier noch um zu schwenken. Zudem hat sich ein Riesenberg an Schulden angehäuft, was die mühsamen Einnahmen zinsseitig aufgefressen hat. Die jetzt zur Diskussion stehenden 200 Mio, welche an der Rettung fehlten, sind Kleingeld im Vergleich zu dem, was das Management zuvor angerichtet hatte. Zu allem Überfluss sorgt das Brexit Chaos für Zurückhaltung bei Englands Urlaubern. Eins kommt zum anderen. Das wars.